WAS IST FRAUENHANDEL?
Menschenhandel ist eine Menschenrechtsverletzung, die alle Staaten der Welt betrifft, sei es als Herkunfts-, Durchgangs- oder Zielland des Menschenhandels, oder in landesinterner Form. Weltweit rangiert der Menschenhandel unter den drei lukrativsten internationalen Verbrechen, mit dem Handel mit Waffen und Drogen. Da die “Ware Mensch” sich oft nicht leicht identifizieren lässt und die Verfolgung von Menschenhändlern sich bisher noch keiner Priorität erfreut und international schwierig ist, genießen die TäterInnen nahezu völlige Immunität.
WER IST BETROFFEN?
Vom Menschenhandel sind alle Geschlechter betroffen, jedoch dominiert der Handel mit jungen Frauen in die Zwangsprostitution. Die Frauen stammen aus gänzlich unterschiedlichen Lebenssituationen und Hintergründen, größtenteils kommen sie allerdings aus zerrütteten Familien mit wirtschaftlichen Problemen ohne hoffnungsvolle Zukunftsaussichten.
WAS PASSIERT GENAU?
Frauenhandel lässt sich in die Phasen Rekrutierung, Transfer, Situation im Zielland, Warten auf die Rückkehr und Reintegration unterteilen. In jeder dieser Phasen, die sich je nach Land unterschiedlich gestalten, sind Frauen schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt. Die Rekrutierung geschieht oft mittels Versprechen von Arbeit, Heirat oder Reisen ins Ausland, die den Betroffenen einen Ausweg aus ihren momentanen, meist misslichen, Lebensumständen zu bieten scheinen.
In manchen Fällen kommt es aber auch zu tatsächlichen Entführungen von Frauen. Auf der Reise ins Zielland oder in den Transitändern erfahren die meisten Frauen, dass sie in der Sexindustrie arbeiten müssen oder dass die tatsächlichen Arbeitsbedingungen völlig anders sind als versprochen, falls sie als Prostituierte angeworben wurden. Oftmals müssen sie schon in den Transitländern in der Zwangsprostitution arbeiten. Falls sie sich wehren, vergewaltigen, schlagen und misshandeln ihre Menschenhändler sie, damit sie erkennen, dass sie keine Chance haben, gegen ihr Schicksal aufzubegehren. Spätestens im Zielland erkennen die Frauen dann die wahre Natur ihrer Situation: Nach ihrer Ankunft nehmen ihre Ausbeuter ihnen die Dokumente ab, zwingen sie zur Arbeit in der Sexindustrie oder verkaufen sie weiter. Die Frauen verlieren jegliche Kontrolle ihrer Lebensumstände. Sie können weder bestimmen, welche und wie viele Freier sie bedienen möchten, noch, was sie essen, wann sie Pause machen oder wann sie sich waschen möchten.
WIE GEHT DIE POLIZEI MIT ZWANGSPROSTITUIERTEN UM?
Für die meisten Frauen endet das Martyrium mit Razzien der Polizei, die sie aber nicht immer als Betroffene des Frauenhandels, sondern häufig nur als Illegale identifiziert. Trotz Verbesserungen in einigen Ländern werden die Frauen statt als Opfer mit Anspruch auf Hilfe als Kriminelle behandelt und so bald wie möglich abgeschoben oder in Abschiebehaft gesetzt, mit unzureichendem Zugang zu psychologischer bzw. medizinischer Betreuung. Identifiziert die Polizei die Frauen als Betroffene des Menschenhandels, so werden letztere häufig überredet, einen Prozess gegen ihre Menschenhändler zu führen. Die Frauen erhalten dann für die Dauer des Prozesses ein Aufenthaltsrecht, werden aber danach meist abgeschoben, was eine weitere Instrumentalisierung der Frauen darstellt, da die Staaten mehr an der Bestrafung der Verbrecher als an wirklicher Hilfe für die Betroffenen interessiert sind.
WAS GESCHIEHT, WENN EINE ZWANGSPROSTITUIERTE IN IHR HEIMATLAND ZURÜCKKEHRT?
Unerfreulicherweise erfahren viele Frauen auch bei ihrer Rückkehr zahlreiche Menschenrechtsverletzungen, da sie als “Prostituierte” stigmatisiert und diskriminiert werden. Erfährt ihre Umgebung von ihrem Schicksal, so schließt ihre Familie oder Nachbarschaft sie oftmals aus der Gemeinschaft aus. Da sie schon vor ihrem Entschluss, ins Ausland zu gehen, schlechte Zukunftsaussichten hatten, wird ihnen dadurch jegliche Lebensgrundlage entzogen. Viele Frauen sind daher gezwungen, wieder in der Prostitution zu arbeiten, oder sie suchen ihr Glück ein zweites Mal im Ausland, in der Hoffnung dieses Mal doch Geld zu verdienen.
WIE ENGAGIERT SICH AMNESTY INTERNATIONAL?
Amnesty International begann schon 1999 mit seinen ersten Recherchen zum Thema Menschenhandel am Beispiel von Israel. Bekanntheitsgrad erreichte 2004 der Bericht zu Menschenhandel im Kosovo. Amnesty International fand sich 2004 zu einer Kooperation mit Anti Slavery und 70 weiteren NGOs zusammen, um Empfehlungen für die Verbesserung der Europäischen Konvention für Aktivitäten gegen den Menschenhandel zu formulieren und auf Europaebene durchzusetzen.
AKTIONEN ZUM THEMA
- Trade – Willkommen in Amerika
ist ein spannender, bewegender und auch informativer Spielfilm über Frauenhandel in die Prostitution; hier konkret zwischen Mexiko und USA. In Zusammenarbeit mit der Kogruppe Menschenrechtsverletzungen an Frauen sind wir – gemeinsam mit anderen Organisationen – eine Kooperation mit dem Verleih eingegangen. Sie beinhaltet neben inhaltlichen Beiträgen für Presse und Öffentlichkeitsarbeit, unser Logo für den Vorspann u.ä. auch die Möglichkeit für Gruppen, aktiv zu werden. Ihr könnt Stände in den Kinos, in denen der Film läuft, machen, den Flyer, den Ihr jetzt in Händen haltet, verteilen und vielleicht auch lokale Veranstaltungen zum Thema planen. Inhaltliche Unterstützung bekommt Ihr am besten von der Kogruppe gunda.opfer@hhonline.de Im Amnesty Jorunal 10/07 findet Ihr einen Artikel zum Film sowie ein Interview mit Roland Emmerich, Produzent des Films.
Amnesty International, AI Index: MDE 15/017/2000, 18.May 2000.
- Kosovo (Serbia and Montenegro) “So does it mean that we have the rights?” Protecting the human rights of women and girls trafficked for forced prostitution in Kosovo
Amnesty International, AI Index: EUR 70/010/2004, 6 May 2004.
Amnesty International and Anti Slavery, AI Index: IOR 61/001/2005, January 2005.
WEITERFÜHRENDE LINKS
- Anti Slavery International
- Ban Ying
- SOLWODI
- Bundesweiter Koordinierungsstelle gegen Frauenhandel und Gewalt an Frauen im Migrationsprozess e.V. (KOK)
- Global Alliance against Traffic in Women (GAATW)
- International Centre for Migration Policy Development (ICMPD)
- United Nations Office on Drugs and Crime (UNODC)
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