16 DAYS OF ACTIVISM: NAJEEBA BAQI

Najeeba Baqi – Sozialarbeiterin
Übersetzung von Dominique Renault, Themenkoordinationsgruppe Menschenrechtsverletzungen an Frauen

 

Najeeba Baqi ist eine erfahrene Sozialarbeiterin und humanitäre Helferin. Frauen wie Najeeba stehen heute vor immensen Problemen bei der Ausübung ihrer wichtigen Arbeit. Bewegungseinschränkungen und die Notwendigkeit männlicher Vormünder machen es für Sozialarbeiterinnen noch schwieriger, auf die wachsende wirtschaftliche und humanitäre Krise zu reagieren.

Seit mehr als 20 Jahren bin ich als Sozialarbeiterin tätig und biete Frauen und Kindern in der westlichen Region Afghanistans soziale Unterstützung, Menschenrechts- und Allgemeinbildung sowie Gesundheits- und Schutzdienste an.

Ich habe Frauen und Straßenkindern Qualifizierungsmaßnahmen angeboten und ihnen Fähigkeiten vermittelt, die ihnen helfen, Arbeit zu finden und Geld zu verdienen. Ich habe dazu beigetragen, Bildungseinrichtungen für Frauen und Kinder, die Analphabeten sind, zu schaffen. Gemeinsam mit meinen Kollegen boten wir Kindern, die als Kindersoldaten missbraucht worden waren, Schutz und Rechtsbeistand und unterstützten intern vertriebene Frauen und Kinder. Ich beteiligte mich an der Durchführung von Impfkampagnen und unterstützte das Krankenhaus Covid-19 in der Provinz Heart.

Zu den besten Möglichkeiten, die Frauen hatten, gehörten die Beteiligung an der Regierung, Arbeits- und Bildungsmöglichkeiten für Mädchen und Frauen jeden Alters, die Unterstützung durch Menschenrechts- und soziale Organisationen, das Vertrauen der Geber und ihre Unterstützung für Projekte, die auf die Rechte der Frauen ausgerichtet sind, sowie Gesetze und politische Maßnahmen zum Schutz der Rechte der Frauen auf nationaler Ebene.

Von allen Herausforderungen, die wir hatten, war die Sicherheit die größte. Weitere Herausforderungen waren kulturelle und Verhaltensänderungen in den Gemeinschaften, ein Mangel an Ressourcen im Vergleich zu den Bedürfnissen der Menschen, eine schwache Regierungsführung und eine unzureichende Infrastruktur.

Das vorherige System war zwar nicht perfekt, aber zumindest gab es ein System; jetzt ist es völlig zusammengebrochen. Die Wirtschaft ist stark beeinträchtigt, Projekte und Aktivitäten wurden eingestellt und die Menschen werden immer ärmer und verletzlicher. Frauen wurden gezwungen, ihre Arbeit aufzugeben, sie dürfen sich nicht mehr an der Regierung beteiligen, und es gibt keine Bildungsmöglichkeiten für sie. Darüber hinaus haben wir die Unterstützung der Organisationen, die sich für die soziale und wirtschaftliche Stärkung der Frauen einsetzen, verloren, die Arbeit der Medien ist eingeschränkt und die Sicherheitslage verschlechtert sich, insbesondere für Frauen. Die Zahl der Kindersoldaten hat zugenommen, und die Taliban setzen Kinder in ihren Streitkräften ein.

Fast alle unsere Projekte wurden eingestellt. Die Geberorganisationen haben Afghanistan verlassen oder ihre Hilfe eingestellt. So haben sich beispielsweise die Weltbank, USAID und andere Regierungen, die ausländische Hilfsprogramme durchführen, wie Kanada, Südkorea, Japan und Deutschland, zurückgezogen.

Die von den Taliban auferlegten Restriktionen und die zunehmende Gewalt gegen Frauen hindern Frauen an der Arbeit und an der Ausbildung. Frauen dürfen sich nicht ohne einen Mahram (männlicher Vormund) bewegen, vor allem nicht auf längeren Reisen. Zwangs- und Kinderheiraten haben zugenommen.

Von Missbrauch und Gewalt sind alle Frauen und Mädchen betroffen, auch in meiner Familie. Wenn meine Töchter nicht zur Schule gehen dürfen, ist das Gewalt, wenn Frauen nicht arbeiten dürfen, ist das Gewalt, und wenn Frauen in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt werden, ist das Gewalt.

Die Vereinten Nationen und die Industrieländer sollten diplomatischen und politischen Druck auf die Taliban und die Länder, die sie unterstützen, ausüben. Die humanitäre Hilfe für arme Frauen und andere Zivilisten muss fortgesetzt werden. Diejenigen Frauen und Kinder, die gefährdet und Opfer von Gewalt geworden sind, müssen unterstützt werden. Frauen und Mädchen, die gezwungen wurden, Afghanistan zu verlassen, müssen ebenfalls unterstützt und mit Bildungsmöglichkeiten versorgt werden.

 

Quelle:
AI-Bericht „They are the revolution. Afghan women fighting for their future under rule of the taliban (ASA 11/4968/2021 vom 25.11.2021)

 

Informationen:
www.amnesty.org
www.amnesty.de
www.amnesty-frauen.de

Kontakt:
Themenkoordinationsgruppe Menschenrechtsverletzungen an Frauen, info@amnesty-frauen.de
Länderkoordinationsgruppe Afghanistan, info@amnesty-afghanistan.de

4. Dezember 2021