16 DAYS OF ACTIVISM: MANIZAH RAMIZY

Manizha Ramizy,
Assistenzprofessorin an der Universität Kabul und Menschenrechtsverteidigerin

 

Manizha Ramizy ist Akademikerin und Menschenrechtsverteidigerin (WHRD). Viele Hochschullehrerinnen wurden nach der Machtübernahme durch die Taliban aufgefordert, nicht zur Arbeit zu kommen, und viele weibliche Hochschulmitarbeiter:innen wurden auch nicht bezahlt. Einige Privatuniversitäten haben nach Geschlechtern getrennte Klassenräume eingerichtet, aber viele öffentliche Universitäten haben beschlossen, dass Frauen nicht arbeiten dürfen, bis getrennte Klassen für Frauen und Männer eingerichtet werden können.

 

Ich war eine der jüngeren Universitätsdozent:innen und lehrte seit 2017 Menschenrechte an der Universität Kabul. Es war nicht einfach, als Dozentin in die akademische Welt einzutreten. Das gesamte System war männlich dominiert und bot Frauen und Mädchen, die in die Wissenschaft einsteigen wollten, nur sehr wenig Unterstützung. Auch ich wurde diskriminiert, konnte mich aber hocharbeiten.

 

An der Universität Kabul unterrichtete ich an der Fakultät für Psychologie, Sozialarbeit und Studien zum Schutz der Kinderrechte. Nach meinem Eintritt in die akademische Welt habe ich mich intensiv für Änderungen im Lehrplan eingesetzt, z.B. für die Aufnahme von Menschenrechten in den Lehrplan der Universität. Nach drei Jahren zahlte sich unsere Arbeit schließlich aus, und das Ministerium für Hochschulbildung stimmte zu, Menschenrechte in den Lehrplan der Fakultäten für Soziologie und Psychologie aufzunehmen. An dieser Fakultät bildeten wir auch Sozialarbeiter:innen aus, und deshalb war die Vermittlung von Menschenrechten und Kinderrechten sehr wichtig. Ich habe ein Buch über Menschenrechte für Sozialarbeiter:innen geschrieben, und dieses Fach wird nun an allen staatlichen Universitäten in Afghanistan gelehrt.

 

Ich untersuchte auch den Zustand von Kindern in Einrichtungen wie Waisenhäusern und zeigte die Probleme auf, mit denen sie konfrontiert sind. Die Forschungsergebnisse wurden veröffentlicht und unter Organisationen, die sich mit dem Schutz von Kindern befassen, weit verbreitet.

Als die US-Botschaft Link-in-Programme ins Leben rief, mit denen alle afghanischen Universitäten vernetzt werden sollten, unterrichtete ich im Rahmen dieses Programms freiwillig Menschenrechtskurse.

 

In den vergangenen zehn Jahren habe ich ein Zentrum für Rechtsstudien gegründet und mich für die Förderung und den Schutz der Menschenrechte eingesetzt. Ich habe mich dafür eingesetzt, dass die Menschenrechte in den Lehrplan aufgenommen werden, damit alle Universitätsstudenten, insbesondere Soziologie- und Psychologiestudenten, über ihre Grundrechte Bescheid wissen.

 

Vor der Machtübernahme durch die Taliban bestand die größte Herausforderung für mich darin, die Regierung davon zu überzeugen, Frauen in Schlüsselpositionen zu bringen und die Ernennung von Frauen auf der Grundlage von Verdiensten vorzunehmen. In der Vergangenheit versuchte die Regierung, die Frauenbewegungen in Afghanistan zu kontrollieren – wenn sie dafür sorgte, dass die Frauen nicht vereint waren, war es für sie einfacher, sie zu kontrollieren. Trotzdem haben viele Frauen im ganzen Land Bewegungen ins Leben gerufen und ihre Stimme erhoben.

 

Nachdem die Taliban im August 2021 die Kontrolle über Afghanistan übernommen hatten, schlossen sie die Türen für Frauen, die eine höhere Ausbildung anstrebten, und keine meiner Kolleginnen konnte an der Universität unterrichten. Die Taliban-Behörden haben die Bereiche für Frauen und Männer getrennt, und in einigen Provinzen dürfen junge Frauen nicht einmal die Universitäten besuchen. Die Taliban zahlen nicht einmal die Gehälter der weiblichen Lehrkräfte.

 

Die Taliban beseitigen systematisch alle grundlegenden Rechte und Freiheiten für Frauen und Mädchen. Einschränkungen der Freizügigkeit und der sozialen, wirtschaftlichen und politischen Teilhabe sind die größten Hindernisse für die Rechte von Frauen und Mädchen in Afghanistan. Das Taliban-Regime schafft jeden Tag neue Beschränkungen und Hindernisse für Frauen, so dass wir keine Möglichkeit zur beruflichen und technischen Entwicklung haben.

 

Die Taliban haben meinen Kolleginnen den Zutritt zur Kabuler Universität verwehrt und auch die Häuser und Büros von Frauenrechtsgruppen durchsucht. Darüber hinaus sind die Taliban mit Gewalt gegen weibliche Demonstranten vorgegangen, und sie betrachten Frauen einfach als jemanden, der nur gebären und seine Zeit im Haus verbringen sollte. Frauen, die ihre Familien finanziell unterstützten, leiden mehr als alle anderen – Frauen daran zu hindern, ihre wirtschaftlichen Rechte wahrzunehmen, einschließlich ihres Rechts auf Arbeit, stellt eine Menschenrechtsverletzung und eine geschlechtsspezifische Diskriminierung von Frauen dar.

 

Ich hoffe, dass nicht nur die internationale Gemeinschaft, sondern auch die Afghanen, insbesondere die afghanischen Frauen und die Frauen auf der ganzen Welt, ihre Stimme auf internationaler Ebene erheben, um gegen die Gewalt und Diskriminierung, der wir ausgesetzt sind, zu sprechen.