In Saudi-Arabien werden Menschenrechtsverteidiger_innen schikaniert, denunziert und immer häufiger in unfairen Verfahren zu langen Haftstrafen verurteilt.
Obwohl sich der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman als Reformer inszeniert und behauptet, für mehr Gleichberechtigung einzutreten, wurden kurz nach der Einführung des Frauenfahrrechts im Königreich einige der prominentesten Frauenrechtlerinnen des Landes unter fadenscheinigen Anschuldigungen in Bezug auf ihre Arbeit für die Rechte von Frauen festgenommen. Frauen werden in Saudi-Arabien immer noch systematisch durch die Rechtslage diskriminiert. Frauen und Mädchen benötigen für das Einschreiben an Bildungseinrichtungen, für Reisen und zum Heiraten nach wie vor das Einverständnis des männlichen Familienoberhauptes. Genau gegen diese Diskriminierung setzen sich viele der nun inhaftierten Menschenrechtsverteidiger_innen ein.
MITTELS DEM UNTERZEICHNEN DER PETITION KANNST DU DICH HIER DIREKT FÜR DIE FRAUEN EINSETZEN!
Der vollständige Petitionstext
Eure Majestät,
seit Mai 2018 wurden insgesamt mindestens zwölf prominente Menschenrechtsverteidiger_innen in Saudi-Arabien festgenommen. Darunter die bekannten Frauenrechtlerinnen Loujain al-Hathloul, Iman al-Nafjan und Aziza al-Youssef, die inzwischen seit über hundert Tagen ohne Anklageerhebung und Gerichtsverfahren inhaftiert sind. Die drei sind prominente Verfechterinnen der Aufhebung des Frauenfahrverbotes und setzen sich für die Abschaffung der männlichen Vormundschaft ein.
Weitere Menschenrechtsverteidiger_innen wie Mohammed al-Bajadi, Dr. Ibrahim al-Modeimegh, Mohammed al-Rabea, Samar Badawi, Nassima al-Saada, Khalid al-Omeir, Nouf Abdulaziz und Maya’a al-Zahrani wurden festgenommen und inhaftiert, ohne Zugang zu einem Rechtsbeistand.
Die jüngst verhafteten Menschenrechtsverteidiger_innen haben im Rahmen Ihrer Arbeit für eine Verbesserung der Menschenrechtslage in Saudi-Arabien lediglich Ihre Rechte auf Meinungsfreiheit und Vereinigungsfreiheit wahrgenommen.
Deshalb appellieren wir an Sie, Majestät:
- die inhaftieren Menschenrechtsverteidiger_innen umgehend und bedingungslos freizulassen, da sie lediglich aufgrund ihrer friedlichen Arbeit für die Menschenrechte festgehalten werden;
- bis dahin allen Inhaftierten Zugang zu einem Rechtsbeistand ihrer Wahl und zu ihren Familien zu ermöglichen;
- sicherzustellen, dass die Gefangenen nicht der Folter oder anderweitiger Misshandlungen unterworfen werden und den jeweiligen Aufenthaltsort der Menschenrechtsverteidiger_innen bekannt zu geben;
- die Verleumdungskampagnen, die über die staatlichen saudi-arabischen Medien gegen die Menschenrechtsverteidiger_innen verbreitet werden, zu beenden;
- das drakonische Vorgehen gegen Menschenrechtsverteidiger_innen und ihre gezielte Unterdrückung in Ihrem Land zu beenden;
- die legitime Arbeit von Menschenrechtsverteidiger_innen anzuerkennen und sicherzustellen, dass sie unbehelligt arbeiten können.
Hochachtungsvoll,
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Hintergrundinformationen
Die jüngste Verhaftungswelle ist bezeichnend für ein anhaltendes scharfes Vorgehen gegen Menschenrechtsverteidiger_innen in Saudi-Arabien und die andauernde Einschränkung der Rechte auf Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit. In den vergangenen Monaten sind mehrere Menschenrechtler_innen vor das Sonderstrafgericht SCC gestellt und gemäß des Antiterrorgesetzes, den folgenden Dekreten und dem Gesetz gegen Internetkriminalität zu langen Haftstrafen sowie Reiseverboten und Verboten ihrer Aktivitäten in den Sozialen Medien verurteilt worden (siehe dazu auch die englischsprachige Pressemitteilung: Saudi Arabia: First human rights defenders sentenced under leadership of ‘reformer’ Crown Prince Mohammad Bin Salman).
Nach Informationen, die Amnesty International zugänglich sind, wurde das Dekret 44/A vom Februar 2014, einer der Erlasse kurz nach dem Antiterrorgesetz, zum ersten Mal im Februar 2018 in einem Verfahren gegen die Menschenrechtsaktivisten Essam Koshak und Issa al-Nukheifi eingesetzt: Essam Koshak wurde zu vier Jahren Gefängnis und anschließendem vierjährigen Reiseverbot verurteilt, Issa al-Nukheifi zu sechs Jahren Haft gefolgt von einem sechsjährigen Reiseverbot.
Essam Koshak ist ein Menschenrechtsaktivist, der sich mit Hilfe der Sozialen Medien für Reformen und die Achtung der Menschenrechte in Saudi-Arabien einsetzt. In den Fällen von Issa al-Nukheifi und Essam Koshak forderte die Staatsanwaltschaft jeweils die höchstmögliche Strafe für die Anklagen, die gemäß des Königlichen Dekrets 44/A mit bis zu 20 Jahren Haft geahndet werden können. Eine der Anklagen lautete: “Verbindung mit religiösen und intellektuellen Extremistengruppen oder Gruppen, die national, regional oder international als terroristische Organisationen eingestuft sind”.